Vorschaufoto: Screenshot WDR („Ich stelle mich)
Ein amerikanisches Museum entscheidet sich, eine geplante Ehrung von Gloria von Thurn und Taxis wegen derer extremer politischen Positionierung zurückzuziehen. Doch wenn man die Berichte in deutschen Medien dazu liest (die alle auf einem Artikel von dpa basieren, der sich wiederum auf einen Beitrag in der New York Times bezieht), hat nicht die Fürstin, sondern das Museum ein Toleranzproblem. Nicht nur dass vor allem Glorias Sicht der Dinge verbreitet wird; überhaupt ist der Tenor der Berichterstattung mehrheitlich so ausgerichtet, dass man wirklich meinen könnte, die Fürstin habe Recht, wenn sie sagt:„Die Spießer haben das Kommando übernommen“.Die WELT etwa behauptet …
Vorgeworfen wurden der selbstbewussten Katholikin ihre konservativen Aussagen, darunter offenbar mehr als fünfzehn Jahre alte Aussagen.… , was gleich aus mehreren Gesichtspunkten beachtlich ist. Zum einen, weil das, was die WELT hier für „konservativ“ hält, in den tatsächlichen Vorwürfen ganz anders bewertet wird. In dem New York Times Artikel, der über die Entscheidung des Museums berichtete und auf den sich auch die in Deutschland hierzu erschienenen Presseberichte stützen, wird etwa ein Tweet einer amerikanischen Professorin zitiert:
Ana Dopico, an associate professor at New York University who studies United States Latino cultures, wrote on Twitter that it was “staggering and shocking” that El Museo would honor “a princess of Europe’s extreme right wing.”Wo Gloria von Thurn und Taxis als eine „Prinzessin der europäischen extremen Rechten“ bezeichnet wird, berichtet die WELT, vorgewürfen würden ihr „konservativen Aussagen“. Nun kann man ja Reaktionäres für „konservativ“ halten oder meinetwegen auch darüber streiten, ob Gloria tatsächlich reaktionär ist. Aber wenn sie als Reaktionärin bezeichnet wird (und „princess of Europe’s extreme right wing“ geht ja nun wirklich noch ein gutes Stück weiter) und dann so tut, als seien hier nur „konservative“ Aussagen im Raum, macht man sich so oder so zur Pressesprecherin der Fürstin. Die Behauptung der WELT ist aber auch noch aus einem anderen Grund perfide. Denn das Label der „selbstbewussten Katholikin“ tut so, als würde hier nur jemand seinen Glauben verteidigen. Die WELT und auch andere deutsche Medien übernehmen hier komplett den Spin der Fürstin, die einfach so tut, als sei politisch Extremes dann nicht mehr politisch extrem, wenn man es mit seinem Glauben begründet:
„Das einzige was ich dazu sagen kann ist, dass ich enttäuscht darüber bin, bis zu welchem Grade die Gesellschaft heute gespalten ist und dass es scheinbar überhaupt keinen Platz für Toleranz gibt. Meine konservativen religiösen Meinungen haben absolut keinen Einfluss auf meine Offenheit gegenüber kultureller Diversität und Einbeziehung.“Selbst die Kumpanei mit Steve Bannon wird in der WELT aus ihrem Blickwinkel, dem Blickwinkel der aufrechten Gläubigen erzählt:
In der „Tagespost“ sagte Gloria nun zum Thema Bannon: „Mein Gott, der war in Rom und da liegt es auf der Hand, ihn mit wichtigen Kirchenführern bekanntzumachen. Dass man sich darüber aufregt, kann ich nicht verstehen, aber aus Spaß haben wir schon früher gesagt: ,Wir sind die, vor denen Euch Eure Eltern immer gewarnt haben.‘ Das scheint sich also doch bewahrheitet zu haben.“Was die WELT nur insinuiert, wird vom rechten Blog „Die freie Welt“ ausgesprochen:
Museum bestraft Fürstin Gloria von Thurn und Taxis für ihren Glauben.Aber selbst politisch harmlose Seiten verheben sich an der Geschichte. Das Nachrichtenportal t-online etwa spricht von „umstrittenen Äußerungen“, als ob über Befunde der Fürstin (wie etwa die, Homosexuelle seien „gegen die Natur“) in Deutschland noch ernsthaft gestritten würde. Außer unter Extremisten. Wie harmlos Extremismus in deutschen Medien sein kann, macht t-online durch die Auswahl zweier weiterführender Links deutlich:
- Wilde Partysause: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis dreht auf
- Mafalda im Bällebad: So süß ist die Enkelin von Gloria von Thurn und Taxis.
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