Ich habe das Nachts gemacht vor fast zwei Wochen, richtig wütend auf die Ungerechtigkeit, die Wolfgang Lauinger widerfahren ist. Bei change.org hatte ich eine Kampagne gestartet, in der ich fordere, dass die Konrad Adenauer Straße gegenüber des Reichstages in Wolfgang Lauinger Straße umbenannt werden soll. Ich habe das dann auf Facebook gepostet, aber nach einer Minute wieder gelöscht.
Ich war mir nicht mehr sicher, ob das wirklich eine eingemessene Aktion ist. Oder doch eine Spur zu laut, zu pietätlos, zu albern. Nach der Löschung bei Facebook war ich mir sicher, dass die Aktion damit gestoppt ist. Die unverlinkte Seite auf change.org würde sowieso niemand finden.
Eben habe ich eine Mail bekommen:
Lieber Herr Kram,
ich bin eine nahe Freundin von Wolfgang Lauinger und wollte Ihnen nur sagen: Mit Ihrem Vorschlag haben Sie mir in sehr traurigen Tagen eine große Freude und einen herzhaften Lacher geschenkt. Und ich kann Ihnen versichern: Wolfgang lacht mit.
Kommen Sie gut ins neue Jahr!
Herzliche Grüße von B.
Ich habe mich dann noch mal bei der Dame gemeldet und gefragt, ob sie auch wirklich die Sache mit der Straße meint. Sie bestätigte mir das und schrieb, dass sie den Link gerade an ganz viele Menschen geschickt habe, und hofft, das viele unterschreiben werden.
Okay! Also ziehen wir die Sache jetzt durch!
Halb als ernsthaftes Anliegen und halb im Wissen, dass er seine Freude daran gehabt hätte.
Und ganz in dem Sinne, das Gedenken an Wolfgang Lauinger auch mit dieser Aktion am Leben zu halten.
Also:
Bitte helft mir bei folgender Petition:
Petition richtet sich an Bezirksamt Berlin Mitte
Umbenennung der Konrad Adenauer Straße in Wolfgang Lauinger Straße
Bergründung:
Wolfgang Lauinger wurde wegen seiner Homosexualität in der Adenauer-Zeit verfolgt und mehrere Monate inhaftiert. Für das im Juli 2017 verabschiedete Gesetz, mit dem nach 1945 verfolgte Homosexuelle rehabilitieren und entschädigt werden sollen, hat Lauinger jahrelang gekämpft. Lauinger starb im Dezember 2017. Wenige Wochen vorher hatte er erfahren, dass seine persönliche Rehabilitierung durch eine Gesetzeslücke im Entschädigungsgesetz verwehrt wurde, da er damals nach der Untersuchungshaft nicht schuldig gesprochen wurde. Die Benennung der jetzigen Konrad Adenauer Straße im Blickfeld des Reichstags wäre eine angemessene Würdigung der Lebensleistung Lauingers. Konrad Adenauer, der jetzige Namesgeber der Straße, hatte sich in den 50ern persönlich für die Beibehaltung der Homosexuellenverfolgung durch von den Nazis verschärfte Version des Paragrafen 175 eingesetzt.
Bitte unterschreibt hier bei change.org
Und bitte teilt diesen Beitrag!
Danke
Johannes ♦
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Hintergrund:
Das ist ja wohl ein schlechter Witz! Klar, sein Schicksal ist ungerecht und er hat am Ende keine Genugtuung erfahren, aber wo ist denn seine Lebensleistung? Nur weil er schwul war, deshalb (unter einer damals unmenschlichen) verurteilt wurde und das dann angeprangert hat? Da gibt es aber ehrlicherweise 1000 Schicksale oder Heldentaten mehr, nach denen eine Straße benannt werden müsste: z.B. eine Manfred-Bruns-Str. oder eine Klaus-Wowereit-Str.
Der Sinn soll wohl darin bestehen, eine einzelne Person symbolisch herauszugreifen und mit ihrem Namen an die nationalsozialistische Schwulenverfolgung zu erinnern, wobei sich jemand besonders dafür eignet, der bei der ohnehin viel zu späten und nur halbherzigen Aufarbeitung und Rehabilitierung auch noch vorsätzlich übergangen wurde. Zudem hat es doppelten Symbolcharakter, den Namen des Täters Konrad Adenauer durch den Namen eines seiner Opfer zu ersetzen.
das klingt gut, hanni 🙂
Nein die Petition würde ich als LGBTI-Aktivist nicht unterstützen, da die Bedeutung Adenauers für die Nachkriegszeit, den wirtschaftlichen Aufstieg einer vollkommen am Boden liegenden Gesellschaft und für die Westbindung enorm ist. Gleichzeitig hat sich Adenauer nie zu Zeiten Hitlters falsch verhalten in bezug auf die Nationalsozialisten.
Sorry die Petition ist falsch.
@ GeLu
Ich respektiere Deinen Standpunkt, aber Adenauer hat Hitlers Schwulenverfolgung nahtlos fortgesetzt, und er hat versucht, die Pressefreiheit abzuschaffen (Spiegel-Affäre). Das sollte neben seinen Verdiensten nicht unerwähnt bleiben.