Über einen neuen gewaltsamen Übergriff auf Schwule in Berlin hatte der Tagesspiegel letzte Woche informiert. Die Polizei wollte also nicht verraten, wo die ganze Sache stattfand, „damit der Besitzer des Imbisses nicht identifiziert werden kann“. Um es kurz vorweg zu sagen: Es handelt sich wohl um die Oranienstraße 30, und genau dort findet jetzt am kommenden Samstag (20. Juni 2009) um 13:00 Uhr eine Demonstration statt.
Wie bei den Ereignissen vor der Eisdiene „Dolce“ passierte der Vorfall nicht nur in einem sogenannten liberalen und toleranten Bezirk, sondern in einem Straßenzug, der explizit als Teil des schwul-lesbischen Stadtplans wahrgenommen wird. Der Imbiss liegt in unmittelbarer Nähe des SO36 und ist somit nicht nur in Sichtweite des schwulen Lebens, sondern ein Teil davon. Daß es ausgrechnet an diesen zwei der geschätzen 30.000 Straßenecken Berlins zu solchen Szenen gekommen ist, kann dreierlei bedeuten:
1.) Sowas passiert dauernd und auch anderswo, wird aber nicht der Polizei gemeldet, 2.) sowas passiert nur in schwulen Gegenden, weil die nicht-schwulen Wirte dort besonders aggresiv sind, oder 3.) in anderen Gegenden passiert das erst gar nicht, weil schwule und lesbische Paare sich dort erst gar nicht als solche zu erkennen geben. Keine diese drei Möglichkeiten gefällt mir richtig gut und wahrscheinlich ist es ja wie so oft ein Mix aus allem, was es aber auch nicht besser macht.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und zwei durchgeknallte Wirte noch kein homophobes Unwetter, aber vieles spricht dafür, daß da ewas heraufzieht, das wir alle weder richtig sehen noch begreifen können. Doch dass die Großwetterlage nicht gerade freundlicher wird, kann man da am besten spüren, wo sonst meist die Sonne scheint. Um zu wissen, was passiert ist, muss man deshalb auch wissen, wo es passiert ist.
Daß die Polizei den Ort des Geschehens nicht bekannt geben wollte, gibt aber auch Anlass zur Hoffnung: Offensichtlich hat man im Gegensatz zu früheren Vorfällen mittlerweile Angst vor Protesten. Schön, daß diese Angst begründet ist.
Die Demo ist eine Superidee, Betreibern, die sich so verhalten, sollte man ordentlich einheizen. Mich stört nur, dass es keine sicheren Quellen gibt, da sich die Polizei weigert, eine Auskunft zu geben. Es hapert dabei ja wohl kaum am Stand der Ermittlungen in einem laufenden Verfahren. Auch Zeugenaussagen habe ich nirgendwo gesehen bisher (oder gibt es inzwischen veröffentlichte Aussagen?).
Sobald man einmal die falsche Hexe verbrannt hat, geraten diese Demos schnell in Verruf.