Das Verdienst von Helmut Kohl

Man kann Hemut Kohl nicht absprechen, dass er feste Ziele hatte und klare Grundsätze, nach denen er seine Politik gestaltete. Doch als er 1982 die Kanzlerschaft übernahm, reklamierte er mehr für sich und seine Partei: Die „geistig moralische Wende“. Die bis dahin regierenden Sozialdemokraten, so lautete damals die Devise, hatten nicht nur die schlechteren politischen Konzepte, sie hatten auch die schlechtere Moral.

Noch heute beruft sich die Union auf diesen kohlschen Geist. Die Spendenaffaire war ein „Fehler“, aber die vom Einheitskanzler postulierten Werte sind bis heute ihr „Markenkern“.

Um so mehr erschrecken die Interviews des späten Helmut Kohl, die in den letzten Tagen anlässlich seines Todes zu sehen waren, insbesondere die, in denen er über Werte spricht: Alles, so staunt man, ordnet sich dem Prinzip von Gefolgschaft unter. Unmoralisch war in Kohls Augen der, der im diese Gefolgschaft – auch gegen das Recht – verweigerte. Er ist nicht nur persönlich und politisch enttäuscht, etwa von einstigen Wegefährten wie Rita Süssmuth oder Richard von Weizsäcker. Er hält sie für moralisch dubios, weil sie ihm nicht halfen, seine Gaunereien zu vernebeln.

Der Sündenfall der CDU ist nicht die Spendenaffaire. Der Sündenfall der CDU ist Helmut Kohl als personifizierter Chauvinismus, in der Moral als Machtinstrument nur die moralische Abwertung anderer bedeutet. Erfolgreich war er natürlich trotzdem. Und vielleicht auch deswegen. Und er mag auch trotzdem ein sympathischer, liebenswerter Mensch gewesen sein. Aber diese Liebenswürdigkeit endet abrupt dort, wo sie ihren Zweck erfüllt hat. Das Prinzip Kohl wird nicht durch die Machenschaften um die Spenden konterkariert. Das Prinzip Kohl brauchte diese Machenschaften, sie waren offensichtlich systemimmanent. Die „konservativen“ Werte, nach denen sich viele in der Union heute sehnen, sie wurden gebündelt und festgehalten durch dieses System. Fast keinem Unions-Politiker gelingt es heute, diese „konservativen“ Werte ohne die Diskriminierung anderer zu begründen. Vor allem durch das Eheverbot für Homosexuelle.

Sie begründen es mit Werten und Moral. Und sie schämen sich nicht einmal dafür. Auch das ist ein Verdienst von Helmut Kohl.

2 Gedanken zu „Das Verdienst von Helmut Kohl

  1. Was durchaus einmal gewürdigt werden sollte, ist die sehr besonnene und erfolgreiche Gesundheitspolitik der Regierung Kohl im Angesicht von AIDS. Es haben sich eben nicht die Gauweilers durchgesetzt, und es wurden auch nicht die schlimmen Fehler der Regierung Reagan begangen.

  2. Die AIDS-Krise war Kohl egal. Damit wollte er sich gar nicht befassen. Dieses Desinteresse hat es Rita Süssmuth nach ihrer eigenen Aussage in einer Fernsehsendung, die ich vor ein paar Monaten gesehen habe, möglich gemacht, ihre liberale Politik durchzusetzen.

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert