7/5 – „Der Hetero wird mitgedacht.“ Von Alexander von Beyme

#Tage7Blogger – 5. Tag

7 Nollendorfblog 5Willkommen zur schwulen Bloggerwoche. Anläßlich des Siebenjährigen dieses Blogs schreibt eine Woche lang jeden Tag ein anderer schwuler Blogger über die letzten sieben Jahre: Was bedeuten sie für die homosexuelle Emanzipationsbewegung, was für das schwule* Leben in Deutschland? Was hat sich verändert, wo standen wir damals, wo stehen wir heute?

 

Der Hetero wird mitgedacht

von Alexander von Beyme

Gut vier Monate nach dem Start des Nollendorfblogs habe ich mich verpartnert. An diesem Tag im Herbst 2009 haben mein Mann und ich das trickreich gemacht: Wir bedienten uns all der heterosexuellen Konventionen, die uns gefallen haben: Anzug und Tischreden, dazu eine festgelegte Sitzordnung, die voller Berechnung Fremde mit ähnlichen Interessen ins Gespräch gebracht hat. Und die Konventionen, die uns nicht gefallen haben, die haben wir weggelassen – mit der Begründung, dass es ja eine unkonventionelle Schwulen-Hochzeit ist. Kein Eröffnungswalzer, einfach gar kein Tanzen. Die Fotos habe ich auf Facebook geteilt. IMG_8543Auf diese Weise haben ganz beiläufig diverse heterosexuelle Freunde und Arbeitskollegen gesehen, wie wenig sich eine schwule Verpartnerung von einer Eheschließung unterscheidet. Alster, Ruderclub, Sekt und Häppchen halt.

Was hat das mit dem Nollendorfblog zu tun? Sehr viel! So wie die Bilder meiner Verpartnerung in die Timeline meiner Facebook-Freund gespült wurde, treffen mittlerweile ständig homosexuelle Inhalte auf heterosexuelle Leser. Schwules und lesbisches Leben ist durch social media in den vergangenen Jahren sichtbarer geworden. Und das gilt eben nicht nur für die vermeintliche Normalität einer homosexuellen Verpartnerung, sondern auch für all die Widrigkeiten und Alltagsdiskriminierungen. Die von mir geposteten Beiträge vom Nollendorfblog empfanden Freunde und Bekannte von mir immer wieder als horizonterweiternd.

In den sieben Jahren hat sich die Schreibe verändert: Der erste Beitrag im Nollendorfblog war noch von einem „wir“ geprägt, das klar auf die homosexuelle Community begrenzt war. Steven Milverton hat früher oft eine explizite Sprache  verwendet, die ich meinen Eltern und vielen anderen Heteros als Lesestoff nicht zugemutet hätte. Jetzt ist die Perspektive vieler homosexueller Medienschaffenden eine andere: Der oder die Hetero wird mitgedacht. Jeder Artikel hat auch Leser, die früher kaum erreichbar waren für homosexuelle Themen. Webseiten und Blogs kommen raus aus der Nische: Inzwischen ist es mehr als nur eine vage Hoffnung, von Heterosexuellen gehört zu werden, überzeugen zu können und neue Verbündete zu gewinnen. Es passiert jeden Tag. ♦

www.alexandervonbeyme.net

Alexander von Beyme ist als Nachrichtenjournalist Experte für alles. In seinem 2010 gestartetem Blog beschränkt er sich auf Themen rund um Lesben und Schwule, aber man merkt ihm, dem Blog, an, dass es von einem „Allrounder“ gemacht wird, jemandem, der sich in verschiedenen Welten bewegen und über Komplexes anschaulich berichten kann. Auffällig ist der optimistische, konstruktive Grundton, das Anliegen, mit überzeugend aufbereiteten Fakten und klaren Positionen etwas zu bewegen zu wollen. Große Beachtung fand dabei sein Blog-Beitrag „Unter dem Deckmantel des Journalismus“, in dem er der FAZ manipulative und falsche Darstellungen in der Bildungsplan-Diskussion nachwies. Ein Schwerpunkt seines Blogs ist der Bereich Homosexuelle im Sport. Beyme ist selbst Fussballer, er war Sprecher und einer der Organisatoren der schwul-lesbischen Fußball-Europameisterschaft IGLFA im letzten Jahr in Hamburg. 

Linktipp für Einsteiger: Ratgeber für Fußball-Profis: Was tun mit einem Schwulen?

Bisher auf „7 Jahre“ (Aktueller Nachtrag):

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* Ich weiß, dass schwul und homosexuell nicht das Gleiche ist, aber es ist nun mal ein schwules Blog und somit auch ein homosexuelles. J.K.

 

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