“Rufmord”-Beschwerde beim Presserat. Das blutige Homo-Bashing der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

Wenn Medien bei einem Thema nicht locker lassen und über einen längeren Zeitraum Vorwürfe mit neuen Erkenntnissen und Details präsentieren, dann bedeutet das in der Regel, dass sie ihren Job gut machen. Die von der Kritik betroffenen und in die Enge getriebenen sehen das natürlich ganz anders. Was für die einen guter Journalismus ist, bezeichnen sie dann oft als eine gegen sie gerichtete „Kampagne“.

Man sollte also vorsichtig sein, wenn man es benutzt, dieses Wort. Viel zu oft wird es von denen verwendet, die keine überzeugenden Argumente gegen das haben, was ihnen vorgeworfen wird. „Kampagne“, das hat was von Verschwörungstheorie.

Aber wie soll man das nennen, was da gerade in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung veranstaltet wird? Dass sie seit Wochen gegen die Thematisierung von Homo- und Transsexuellen in den Bildungsplänen wettert, könnte man als besonders engagierten Beitrag einer kontroversen Debatte zum Thema verstehen.

Doch das ist es nicht. Der FAS geht es ganz offensichtlich nicht darum, Fakten zu bewerten, sondern diese zu entstellen.

Der Bloggerkollege Alexander v. Beyme zeigt in seinem Faktencheck eines FAS-Beitrages der Autorin Antje Schmelcher vom 14.10. auf , wie sehr dieser der „Entsachlichung der Debatte“ dient. Von Beyme: „Der Artikel lässt nicht nur wesentliches weg, sondern reißt Zitate manipulativ aus dem Zusammenhang und enthält böswillige Verkürzungen.“ So fällt schwer, die durch die eigenen Verdrehungen erlangten Schlussfolgerungen noch als Meinungsäußerungen hinnehmen zu können.

Was die Autorin „Förderung von Kindesmissbrauch“ nennt, wird von demonstrierenden Homo-Hassern als dankbare Vorlage zur öffentlichen Diffamierung benutzt. Die sogenannten „besorgten Eltern“ beziehen sich bei ihrer Protestkundgebung in Dresden etwa explizit auf die „tollen Artikel“ der Zeitung und behaupten dort u.a. , dass es im Unterricht „nicht mehr um Aufklärung“ gehe, sondern „um Einübung von Sexualität.“ 

Einigermaßen verständlich, dass Menschen, die die FAS-Artikel von Antje Schmelcher für seriöse Berichterstattung halten, sich gerade auf einen hohen Wutpegel befinden.  Und es ist einigermaßen besorgniserregend sich vorzustellen, wie und wohin sich diese Wut kanalisieren wird. Doch auch hierfür hat sich die FAS-Autorin etwas einfallen lassen. Am letzten Sonntag zündete Schmelcher ihre nächste Rakete. Queer.de schreibt über ihren Artikel vom 23.11.:

„Nun sind nicht nur die Bildungspläne dazu da, um Kinder zu missbrauchen, der weite Arm der Pädos reiche bis zur homosexuellen ‚Kaderschmiede‘, der Akademie Waldschlösschen, heißt es in der jüngsten Ausgabe der ‚Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘.“

Die Akademie Waldschlösschen hat nun gegen diesen Beitrag Beschwerde beim Presserat eingelegt, weil dieser „offensichtlich in vielfacher Hinsicht gegen den Pressekodex verstößt“. In der Presseerklärung heisst es:

Besonders infam: durch den ganzen Text zieht sich über unterschiedliche sprachliche oder vermeintliche personelle Assoziationen die Reaktivierung des uralten Vorurteils der Gleichsetzung von Homosexualität und Pädosexualität.“

In der schriftlichen Begründung der Presserats-Beschwerde (kann unter der Mailadresse pressestelle@waldschloesschen.org von jedermann angefordert werden) bezeichnet die Akademie den Artikel „offensichtlich“ als „Rufmord“. Das ist harter Tobak. Doch man muss gar nicht all die Verdrehungen der Fakten nachvollziehen können, die in der Beschwerde aufgeführt sind. Es reicht, sich den FAS-Artikel anzuschauen. Man muss ihn nicht mal lesen. Hier wird ein Text illustriert, bei dem es um Missbrauch geht, mit einer Überschrift, in der nichts steht, außer dem Ort, der offensichtlich zum Ort des Missbrauches deklariert werden soll: „Waldschlösschen“. Geschrieben mit schwarz-roten Lettern, aus denen Blut fließt.

Dank FAS hat die Homolobby jetzt nicht nur einen kriminellen Ruf, sondern auch ein Gesicht, eine Fassade. Es ist die, eines Horror-Schlosses, aus dem Kinderblut fließt … . Aber vielleicht habe ich da ja auch etwas falsch verstanden. Aber ob es alle so richtig falsch verstanden haben? Da bin ich mir nicht so sicher.

Liebe FAS, weißt Du eigentlich, was Du da tust?

—-

Offenlegung: Ich bin Verfasser (und mit diesem Blog zusammen mit dem BLSJ Initiator) des „Waldschlösschen Appells“ gegen Homophobie in den Medien, der im letzten Jahr bei einen Treffen lesbischer und schwuler JournalistInnen  im Rahmen eines Seminars der„Akademie Waldschlösschen“ begründet wurde. Ich bin nie als Referent der Akademie aufgetreten und habe privat oder mittels dieses Blogs nie eine Arbeits- oder Geschäftsbeziehung zu ihr unterhalten. 

Wer den Appell noch nicht unterschrieben hat, kann das hier tun.

Hier eine Auswahl weiterer Nollendorfblog-Beiträge aus dem homophoben Gruselkabinett von FAZ und FAS:

“Aggressive Homosexualität”: Was die FAZ unter Missbrauch versteht

Die Homophobie der “Konservativen” gleicht der Logik des Antisemitismus

Lexikon der Homophobie (1): “Zeitgeist”

2 Gedanken zu „“Rufmord”-Beschwerde beim Presserat. Das blutige Homo-Bashing der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung

  1. Ich würde es an der Stelle des Waldschlösschens hier nicht bei einer Beschwerde beim Presserat belassen – dem schon sprichwörtlichen „zahnlosen Tiger“ der Medienlandschaft. Ich würde vielmehr Strafantrag stellen. Der Tatbestand der Verleumdung dürfte hier bei weitem erfüllt sein.

  2. Pingback: nollendorfblog.de vom 28. 11. 2014: Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber – Das Nollendorfblog aus Berlin von Johannes Kram - audsch - aus der Schule plaudern

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert