Bei „Spiegel Online“ gibt es gerade ein ausführliches Stück zum Thema Homo-Hass in der Schule. Es kommen Schülerinnen und Schüler zu Wort, deren Erlebnisse nicht gerade Mut machen. Ebenso Studienergebnisse, die die Hoffnung begraben, daß das mit den Vorbehalten gegen Schwule und Lesben nur eine Frage der Zeit ist, daß mit den nächsten Generationen alles besser wird:
- „Zahlreiche Studien belegen, wie verbreitet Homophobie und Hetze unter Jugendlichen sind – und dass beides in den vergangenen Jahren eher noch zugenommen hat. Zwar gehört Homosexualität längst zur Pop- und Jugendkultur, was in zahlreichen Soaps und Serien wie „The L-Word“ zu besichtigen ist, doch die Akzeptanz auf dem Schulhof scheint das nicht erhöht zu haben.“
- „Homosexualität ist immer noch mit dem gleichen Ausmaß an negativen Gefühlen verbunden wie vor 30 Jahren“, heißt es in einer Studie des niedersächsischen Sozialministeriums. Die Meinungsforscher der Firma „Iconkids & Youth“ ermittelten gar eine dramatische Zunahme der Ablehnung von Homosexuellen: von 34 Prozent im Jahr 1998 auf 61 Prozent im Jahr 2002.“
- Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch der Kieler Sozialpsychologe Bernd Simon. Er hat rund 900 Gymnasiasten und Gesamtschüler befragt, 14 bis 20 Jahre alt. Fast die Hälfte empfindet es als abstoßend, wenn sich Männer in der Öffentlichkeit küssen.“
Letztes Jahr gab es bei Maneo eine Talk-Verantaltung zum Thema Schwulsein an der Schule.
Es waren auch Lehrer- und Senatsvertreter da. Einig waren sich alle, daß „schwule Sau“ das häufigste Schimpfwort an der Schule sei. Einig waren sie sich aber auch darüber, daß das nicht so schlimm sei. Schließlich sei mit „schwul“ ja nicht schwul gemeint, das sei eben so ein Ausdruck. Soso. Daß Lehrer und Schulpolitiker das so sehen, ist schlimm, aber noch irgendwie verständlich. Merkwürdig fand ich, daß auch der Schülerverteter – ein in der Schülermitverwaltung selbtbewusster engagierter schwuler Gymnasiast – das auch so sah.
Ich habe ihn dann gefragt, ob es nicht sein könne, daß er sich nicht doch davon beleidigt fühle, ob es nicht doch verletzend sei, wenn er oder andere von Mitschülern immer wieder als „schwule Sau“ bezeichnet würden. Ob es nicht vielleicht die Gleichgültigkeit der Erwachsenen, vor allem der Lehrer sei, die dazu führe, das einfach wegzustecken, auch wenn es eigentlich weh tut. Er dachte eine Weile nach. Dann berichtete er sehr bewegt darüber, wie nah ihm diese permanenten Beleidigungen gingen, vor allem aber, daß er gelernt habe, diese nicht als solche empfinden zu dürfen. Ich weiß, meine Frage an ihn war sehr suggestiv. Aber wie suggestiv wirkt das Verhalten der Lehrer, die der Meinung sind, es gäbe kein Problem?
Es ist abartig und gilt als Volksverhetzung, würde irgendjemand die Beleidigung „Judenschwein“ verwenden. Niemand käme auf die Idee, dass dies ein harmloser, „nicht so gemeinter“ Begriff sei. Mich verletzt es extrem, dass die Art und Weise wie ich bin, lebe und liebe, eben schwul, zu einem Begriff mutiert, der etwas Negatives beschreibt: „Das ist total schwul“. Gerade sonst so liberal denkende Pädagogen sollten doch in der Lage sein die Gefahr zu erkennen, die mit der verharmlosenden Verwendung von Begriffen einhergeht. Noch dazu, wenn sie im Kontext einer Beleidigung („schwule Sau“) stehen. Es ist unsere Pflicht darüber zu diskutieren. Nicht zuletzt für unsere Demokratie, gegen das Vergessen und für eine liberale, tolerante Gesellschaft. Judenwitze sind, zurecht, verpöhnt. Wann sind es die Schwulenwitze? Wer bringt einmal den Aspekt in die Diskussion ein, dass der Konsens Schwule und Lesben seien irgendwie abartig schon einmal zu Verfoldung und Tötung geführt haben. Die Tatsache, dass „schwule Sau“ verharmlost wird, stellt meiner Meinung nach einen gefährlichen Keim dar.
Pingback: Casino 1243349119
Pingback: www.nollendorfblog.de — Das Stück