Womit anfangen?
Norbert Blüm sagt, homosexuelle Paare seien keine Familie. Die „Zeit“ schreibt, Blüm hätte gesagt, schwule Paare seien keine Familie. Also alle wie immer. Die von der Union. Und die von den Medien.
Zum ersten Mal gelingt einem Mitglied der deutschen Bundesregierung ein würdevolles und angemessenes Outing. Und natürlich gelingt es BILD, selbst daraus eine homophobe Freak-Show zu machen.
Der LSVD hat sich zum Jagen tragen lassen und findet Demo zu Sotschi jetzt doch gut, was ja immerhin mal was wäre, wenn, ja wenn nicht da diese hirnrissige Kampagne wäre.
Der LSVD (exakt: Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung des LSVD) hat nämlich zu Sotschi eine Kampagne präsentiert, die so wirklich gar nichts verstanden hat (hier als pdf zum Runterladen). Nicht einmal, dass wir das, was wir aufgrund der durch „Enough is Enough“ initiierten Bewegung bisher erreicht haben, stärken und weiter führen sollten:
Beispielsweise die Tatsache, dass sich erstmalig seit Jahrzehnten wieder Jung wie Alt auf ein gemeinsames Symbol als sichtbares Zeichen ihrer Verbundenheit und Solidarität verständigt haben. Und dazu auf das Symbol, was auch gleichzeitig überall verstanden wird, ein Symbol, wie es kampagnenfähiger gar nicht sein könnte: Die Regenbogenflagge.
Statt endlich die Bewegung zu unterstützen ruft der LSVD einfach eine eigene Bewegung aus. Er setzt sich einfach in das Fahrerhäuschen des Zuges, den er so lange aufhalten wollte. Er verlautbart einfach eine Dachkampagne mit unterirdischen Symbole und Losungen vor, die irgendetwas mit einem angeblichen Wortspiel zu tun haben sollen
(Queer.de: „… zugleich sollen sich die Leute das Gesicht in den Nationalfarben Russlands nach der Maske von Guy Fawkes anmalen, der die Inspiration für das Wortspiel „Gay Folks Movement“ ist.“)
… das, selbst, wenn man es verstehen würde, keinen Sinn machen macht. Im Gegenteil! (Bitte beim Bloggerkollegen Steven Milverton nachlesen: Gay Folks Movement?„)
Der Verband macht also erst gar nicht den Versuch, das Bestehende zu integrieren sondern erwartet lädt dazu ein, dass man die vorgegebenen Muster „adaptiert“, sich also in die ganze Schwachsinns-Aktion einreiht.
Sowohl Selbstverständnis als auch der weltfremde Aktionismus des LSVD gleichen mittlerweile dem des DDR-Politbüros in den 50er Jahren. Dieses konnte damals nicht ertragen, dass die jungen Leute anfingen, den planwirtschaftlich nicht vorgesehenen Rock ’n’ Roll zu tanzen und kreierten deswegen einen eigenen Tanz namens „Lipsi“. Ja, sie dachen tatsächlich, diese Leute dadurch an sich binden zu können. Ja, eigentlich sollte man sie wirklich einfach nur auslachen den ganzen Tag, diese LSVD-Leute. Wenn, ja, wenn sie nicht gerade mit ihrer trotzigen Unbeholfenheit dabei wären, sich zwischen zwischen eine wirklich wichtige Bewegung zu schmeissen.
Nein, ich werde nicht darüber schreiben, warum man jetzt sogar die Regenbogenflagge vor dem LSVD verteidigen muss. Nein, das geht wirklich zu weit.
Ja, es gäbe viel zu bloggen. Aber ich habe das Gefühl, dass ich alles, wirklich alles, was ich zu diesen Themen zu sagen hätte, hier schon gesagt habe. Vielleicht sogar schon zu oft.
Ich möchte meine Leser weder mit Langeweile noch mit rituelles Rumgemecker belästigen. Außerdem habe ich mir bei allem Draufgehaue vorgenommen, konstruktiv zu bleiben und nicht zynisch zu werden.
Doch das kann ich leider gerade nicht garantieren.
Deswegen mache ich hier erstmal Sendepause. Wie lange, weiss ich nicht, ein paar Monate werden es schon sein. Wer trotzdem mit mir diskutieren möchte, kann mich ja gerne zum Bier einladen, ich bin eigentlich ein ganz Netter. Aber die Kommentare hier sind bis auf Weiteres dicht. Vielleicht sehen wir uns ja auf der Sotschi-Demo. Falls da doch was Seriöses draus wird. Auch jeden Fall würde ich leicht zu erkennen sein. Denn eine eine Guy Fawkes-Maske male ich mir ganz bestimmt nicht ins Gesicht.
Aber vielleicht einen kleinen Regenbogen.