Die Antenne Bayern-Programmchefin Ina Tenz steht mit dem Boykott des „Vincent“-Songs und ihren fragwürdigenden Erklärungsversuchen nicht zum ersten mal im Zentrum einer bundesweiten Diskussion um Vorwürfe um Homophobie im Radio.
Bereits 2007 war sie mit ähnlichen Ausflüchten in den Schlagzeilen. Damals sendete der norddeutsche Sender FFN einen Verarsche-Sketch, in dem ein Rainer-Callmund-Stimmimitator im damaligen Quartier-Hotel des DFB anrief und die dortige Telefonistin bat, dem Bundestrainer Joachim Löw auszurichten:
„Er soll den Schal weglassen, den Seidenschal. Wenn er den umhat, sieht er nicht aus wie ein Fußballtrainer, sondern wie eine Schwabentucke.“
Der Begriff „Schwabentucke“ fiel nicht nebenbei: Er war der eigentliche Witz des Sketches und wurde noch einmal wiederholt. Die ganze Pointe bestand also daraus, Jogi Löw mit einem abfälligen Wort über männliche Homosexuelle in Verbindung zu bringen.
FFN-Senderchefin war damals Ina Tenz und bereits damals reagierte sie (nach heftiger Kritk von Seiten des DFB und Rainer Callmund) mit einer ähnlich simplen Verteidigungslogik wie heute im Fall „Vincent“:
Der BILD Zeitung sagte sie:
„Das war Comedy, dafür steht FFN. Wer den Beitrag gehört hat, hat ihn auch so verstanden. Und weil Jogi Löw Humor hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass er uns diesen Spaß übel nehmen wird.“
Die Chefin eines großen Radiosenders vertrat also allen Ernstes die Meinung, dass Homophobie keine Homophobie ist, wenn sie in Form eines Witzes formuliert wird. Oder dass sie dann icht so schlimm ist. Angesichts der Tatsache, dass homophobe Witze eine der Hauptprobleme von Homophobie in der Gesellschaft überhaupt sind, eine unglaubliche Feststellung. Ähnlich unglaublich wie Ihre Reaktion auf die Homophobie-Vorwürfe heute in der „Vincent“-Sache:
Wer also normal mit Homosexuellen umgeht, kann gar nichts homophobes machen. Entsprehende Vorwürfe sind somit automatisch quasi Fake News.
Ina Tenz, die der Sängerin Sarah Connor vorwirft, mit ihrer Textzeile „Vincent kriegt keinen hoch, wenn er an Mädchen denkt“ Aufmerksamkeit erzeugen zu wollen, ist also geübt darin, mit Homophobie Aufmerksamkeit zu erhaschen.
Von ihrem Vorgänger Victor Worms, dem ehemaligen Antenne Bayern Programmchef, der früher auch mal die ZDF-Hitparade moderierte, wird Tenz in einem Kommentar mit der womöglich witzig gemeinten Überschrift „Einen Hoch“ auf’s Radio! für ihre „Haltung“ sogar indirekt gelobt:
„Wenn wir eine Haltung einnehmen, haben wir immer noch die Kraft für Gesprächsstoff zu sorgen, kann Radio Relevanz ausstrahlen, finden auch wir mal wieder im gesellschaftlichen Diskurs statt, sind mehr als Abspielstation von Popmusik und Slogans. Das nenn’ ich mal Frauenpower: Antenne Bayerns Ina Tenz, die eine Zeile rausschneiden möchte, und Antenne Thüringens Julia Schutz, die es zum Anlaß nimmt mit ihren Hörern darüber zu diskutieren und den Song im Original spielt, sorgen gemeinsam mit Sarah Connor für Gesprächsstoff und im Mittelpunkt steht das Radio, was es bewegen und was es ‚ausstrahlen‘ kann.“
Wie toll dieser „Diskurs“ bei Antenne Bayern geführt wird, kann man auf deren Facebookseite nachlesen. Dort hatte ein Leser meines Blogs den „Offenen Brief“- Beitrag gepostet. Bisher einzige Reaktion der Reaktion auf die Vorwürfe:
„Danke für ihre Meinung.“
Sonst nichts. Keine Stellungnahme. Nichts. Klasse, was Radio heute so alles bewegen und ‚ausstrahlen“ kann. ♦
Hier der Urspungsbeitrag mit dem offenen Brief:
„Vincent kriegt keinen hoch“: Das ist die Frau hinter dem Problem mit dem Song von Sarah Connor
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