„Wo von Natur aus ein Restbestand an Ungleichbehandlung geboten ist, muss dies auch im Recht berücksichtigt werden.“
Genau so hätte man vor 200 Jahren in den USA die Rechtmäßigkeit der Sklaverei begründen können. Nein. Genau so hat man vor 200 Jahren die Rechtmäßigkeit der Sklaverei begründet. Dass die halbe CDU-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhaus im Jahr 2015 mit einer naturrechtlichen Argumentation gegen die Öffnung der Ehe polemisiert, muss fassungslos machen.
Volker Beck hat in einem „Faktencheck“ dargelegt, wie wenig sich die 20 meist älteren Herren und eine Dame um die Wahrheit scheren, wenn sie Stimmung gegen die Ehe-Öffnung machen. Aber noch schlimmer als die fehlende Bereitschaft oder Fähigkeit zu einer faktenbasierten Auseinandersetzung um die „Ehe für alle“ ist die innere Haltung, die sich in dem Offenen Brief an die Berliner CDU-Mitglieder offenbart: In der Tradition eines gottgegeben herrschenden „Herrenvolkes“ ist es die Haltung einer Gruppe, die sich nur über ihre gottgegebenen Privilegien definiert und sich auch nur diesen verpflichtet sieht. Nicht anders ist die Schlussfolgerung zu verstehen, dass man die Ehe nicht für Homosexuelle öffnen dürfe, weil sie sich als „als Gemeinschaft von Mann und Frau bewährt“ habe.
Also: Der Grund, eine Regelung beizubehalten, die andere von etwas ausschliessen ist dann gegeben, wenn sich die Regelung für die bewährt hat, die andere von etwas ausschliessen.
In den USA hat die Südstaatenflagge wohl bald ausgedient. Der Offene Brief der Berliner CDU-Funktionäre liest sich wie eine Bewerbung, sie übernehmen zu wollen.♦
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Lesetipp zum Hintergrund:
Die Abschaffung der Sklaverei in den USA ist natürlich nicht zu vergleichen mit der Gleichstellung der Ehe für Homosexuelle. Und doch sind die beiden Ereignisse verbunden als Meilensteine in der Emanzipationsgeschichte, dem Siegeszug von Gleichheit und Gerechtigkeit in der abendländischen Kultur:
Das Trauma der Erika Steinbach und das Verdienst von Anne Will
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